Der Berg Karmel war im Alten Testament unter anderem Schauplatz der Auseinandersetzung zwischen Elija und den Baalspropheten (9. Jahrhundert v. Chr.). Das Gebirge gibt auch dem Karmelitenorden seinen Namen, der sich um 1150 dort gegründet hat. Im Karmelgebirge wird die Muttergottes als Unsere Liebe Frau auf dem Berge Karmel verehrt. Sie ist die Schutzpatronin des Ordens der Karmeliten.
Der Karmel hat sich von Anfang an als marianischer Orden verstanden. Wir wissen nicht viel über die ersten Einsiedler, die sich im 12. Jahrhundert auf dem Berg Karmel in der Nähe von Haifa ansiedelten und deren gelebte Erfahrung um 1209 vom damaligen Patriarchen von Jerusalem, Albert von Avogadro, in einer Lebensregel bestätigt wurde. Aber eines ist sicher: die Kapelle, die sie in der Mitte ihrer Einsiedlerzellen errichteten und in der sie – für damalige Verhältnisse bemerkenswert – täglich zur Eucharistiefeier zusammenkamen, war der Muttergottes geweiht.
Der Gedenktag Unserer Lieben Frau auf dem Berge Karmel, der 16. Juli, ist erstmals im 14. Jahrhundert in englischen Karmelitenklöstern bezeugt. 1595 ermöglichte der Vatikan die Feier des Gedenktags auch außerhalb des Ordens. Papst Benedikt XIII. führte 1726 den Gedenktag für die ganze katholische Kirche ein.
Im Volksmund wird der Gedenktag am 16. Juli auch “Skapulierfest” genannt. Das sogenannte “Skapulier” gehört zum Habit der Karmeliten. In einer Vision sah der heilige Simon Stock die Gottesmutter, die ihm ein Skapulier in die Hand gab und versprach, dass jeder, der es trage, unter ihrem besonderen Schutz stehe.

Maria galt den ersten Karmeliten nicht nur als “Mutter”, sondern als “Patronin” (Schutzherrin), was in der feudalen Gesellschaft für gegenseitiges Sich-Anvertrauen und auf die Treue des anderen bauen stand. Als wenige Jahrzehnte später die Situation im Heiligen Land aufgrund der Einfälle der Sarazenen zu unsicher wurde und die ersten Karmeliten an eine Übersiedlung nach Europa denken mussten, vertrauten sie sich dem besonderen Schutz Marias an.
Ab dem 14. Jh. galt das Skapulier (ein über dem Ordensgewand getragenes einfaches Schulterkleid), das einer Legende zufolge dem Ordensgeneral Simon Stock von Maria selbst überreicht worden sein soll, als äußeres Zeichen für diesen Schutz. Jahrhunderte lang bemühten sich die allerorts entstehenden Skapulierbruderschaften, frommen Männern und Frauen Hilfen für ihr Christsein in der Welt zu geben. Miniaturskapuliere oder auch Skapuliermedaillen sollten daran erinnern, dass der Träger sich Maria anvertraute und sich von ihr zu Jesus führen lassen wollte. Von den Frömmigkeitsübungen, mit denen Maria als Beschützerin verehrt wurde, hat sich bis heute in den Karmelklöstern weltweit vor allem das samstägliche feierliche Salve Regina erhalten.

Aber die ersten Karmeliten verehrten Maria noch unter einem anderen Titel, der geradezu modern anmutet: “unsere Schwester”. Maria ist unsere Schwester im Glauben. Gerade so wird sie für die Karmeliten und Karmelitinnen, die sich von jeher zum kontemplativen Leben berufen wissen, auch zum Vorbild eines kontemplativen Menschen. So wie Maria alles Geschehen, auch das, was sie nicht unmittelbar verstand, “in ihrem Herzen bewahrte” (Lk 2,51), so wollen die Karmeliten und Karmelitinnen bis heute von ihr lernen, was es heißt, ein hörendes Herz zu haben und sich ganz dem Hl. Geist zu öffnen. Therese von Lisieux (1873-1897) betont, dass Maria uns menschlich nahe und “mehr Mutter als Königin” sei. Sie nimmt Maria vor allem als große Glaubende wahr, die wie wir ihren göttlichen Sohn “in der Nacht des Glaubens suchen” musste. Wenn sie eine Marienpredigt hätte halten dürfen, so sagt sie, dann “hätte ich die Leute zuallererst darauf hingewiesen, wie wenig wir über ihr Leben wissen. Ich bin überzeugt, dass ihr Leben in Wirklichkeit sehr einfach war. Man müsste hervorheben, dass sie genau wie wir aus dem Glauben gelebt hat.”
Für die große Mystikerin und Ordensreformerin Teresa von Ávila (1515-1582) ist Maria darum vor allem die Mutter unseres Freundes Jesus. Jesus ist es, der uns immer wieder zum inneren Beten einlädt, zum “Verweilen bei ihm als unserem Freund, mit dem wir oft allein zusammenkommen, einfach um bei ihm zu sein, weil wir sicher wissen, dass er uns liebt.” Vom Lehrer der Mystik Johannes vom Kreuz (1542-1591) stammt ein schlichtes marianisches Weihnachtslied, das wunderbar in die vorweihnachtliche Zeit – und in den Advent unseres Lebens – hineinpasst. Es drückt aus, wie sehr Maria uns helfen will, ihrem Sohn Raum zu geben in unserem Herzen:”Vom göttlichen Wortschwanger die Jungfraudes Weges kommt,wenn du ihr Herberge gibst.”
Quelle: Radio Horeb und Erzdiözese Freibung.
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